
Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen: Extremismus im Internet nimmt zu

Extremisten treten in Nordrhein-Westfalen zunehmend jünger und digitaler in Erscheinung. Etwa 23 Prozent der politisch motivierten Straftaten wurden im vergangenen Jahr im Internet begangen, wie das Landesinnenministerium in Düsseldorf zur Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts 2024 am Mittwoch mitteilte. Dies entsprach einem Anstieg von rund 30 Prozent zum Vorjahr. Gerade junge Menschen rücken demnach zunehmend in den Fokus von Extremisten.
Die Gesamtzahl der politisch motivierten Straftaten nahm 2024 ebenfalls deutlich zu. Insgesamt wurden rund 10.772 solcher Straftaten gezählt. Zum Vorjahr war das eine Zunahme um 42 Prozent. Bei rund 19 Prozent aller politisch motivierten Straftaten handelte es sich um Hasskriminalität.
Größte Bedrohung für die Demokratie bleibt Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) zufolge der Rechtsextremismus. Die Behörden zählten 2024 insgesamt 5641 Straftaten. Bei 78 Prozent der politisch rechts motivierten Straftaten handelte es sich 2024 demnach um Propagandadelikte und Volksverhetzung.
Auch der Islamismus bleibe eine große Bedrohung. Das sogenannte Personenpotenzial im extremistischen Salafismus lag bei etwa 2700 Extremisten. Rund 600 gelten als gewaltorientiert. Täter würden sich oft allein im Internet radikalisieren und stellten somit die Sicherheitsbehörden vor große Herausforderungen, hieß es weiter.
Das Internet werde für Islamisten "mehr und mehr zum Hochleistungsmotor für Radikalisierung", betonte Reul. Auf den Onlineplattformen Tiktok, Instagram oder Telegram hätten "Hassprediger" ihre Propaganda "perfektioniert". Der Islamismus sei "weiter auf dem Vormarsch", fügte Reul hinzu.
Der Verfassungsschutz stellte außerdem mehr Aktivität im Bereich Spionage und Cyberangriffe fest. Auch gezielte Desinformation und illegitime Einflussnahme durch ausländische Akteure spielten eine zunehmende Rolle - besonders im digitalen Raum.
"Die Versuche, von außen Einfluss zu nehmen, sind in dem Maße gestiegen, in dem die Konflikte in der Welt sich verschärft haben", erklärte Reul weiter. "Vor allem Russland hat seine nachrichtendienstliche Methodik verändert und tritt zunehmend robuster auf."
Auch Antisemitismus ist den Angaben zufolge weiter gegenwärtig. Im vergangenen Jahr wurden 695 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund erfasst. Im Vorjahr waren es 547 Taten gewesen. Viele Taten davon waren Sachbeschädigungen oder Volksverhetzungen.
Reul erklärte, dass Übergriffe auf Juden, Synagogen und Gedenkstätten "keine Seltenheit mehr" seien. Er drang darauf, jeglichem Antisemitismus entschieden "entgegenzutreten".
Im Bereich Linksextremismus wurden rund 1200 Straftaten erfasst, davon 86 Gewaltdelikte. Viele davon waren laut den Angaben Widerstandsdelikte. Linksextremisten träten zum Teil mit gewaltsamen Protesten in Erscheinung. Ziel dieser Aktivitäten sei, über anschlussfähige politische Brennpunktthemen zivildemokratischen Protest zu radikalisieren und linksextremistische Ideologie in das bürgerliche Spektrum zu tragen.
M. Silva--JDB